Der Verein KUNSTHAUS FINKELS, Jüdischer Kulturverein e.V.
Am 13.12.2008 trafen sich in einem Café in Hamburg-Ottensen sieben jüdische Künstler, Wissenschaftler und Publizisten, um den Verein Kunsthaus Finkels, Jüdischer Kulturverein e. V. zu gründen. Diese Gründung hatte eine durchaus längere Vorgeschichte. Es begann, genau genommen, im Herbst 1988, als mehrere der heutigen Mitglieder die Erfahrung machten, dass in ihren Wohn- und Einkaufsstraßen bunte Schilder das 50jährige Geschäftsjubiläum dort ansässiger Geschäftsleute feierten. Für viele Menschen wahrscheinlich kein besonderer Grund zur Aufregung, ist eine solche plakative Feier für einen Menschen aus jüdischer Familie eine unvermeidliche Erinnerung an den Novemberpogrom vom 9.11.1938 und die daran umgehend erfolgte so genannte „Arisierung“ jüdischer Geschäfte in allen deutschen Städten.
Ein ähnliches Erlebnis wiederholte sich für einige Mitglieder des Vereins im Sommer 2008, als mit bunten Ballons die Feiern der 70jährigen Geschäftsjubiläen angekündigt wurden. Aus diesem Erlebnis erstand die Idee, eine Gruppe zu gründen, die auf vielfältige Weise Ereignissen wie diesen Jubiläumsfeiern etwas entgegen setzen sollten.
Bei den ersten Gesprächen zum Thema vor der eigenen Haustür, Ottensen, ergab sich auch ein Name für die zu gründende Gruppe: Kunsthaus Finkels. Abisch Finkels' „Kaufhaus Finkels“ befand sich am Ottenser Spritzenplatz, früher dem „Ottenser Kreuz“, es ist das große Jugendstil-Eckhaus zwischen Bahrenfelder Straße 106-110 und Großer Rainstraße 1, in dem inzwischen schon seit vielen Jahren eine Bäckerei ansässig ist. Eine Postkarte dieser Straßenecke und eine weiteres Foto aus den frühen dreißiger Jahren zeigen das Haus als „Kaufhaus Finkels“ mit Firmenschild, anfangs in zum Baustil passenden Firmenschild, später in modernen Neon- Buchstaben. Abisch Finkels und seiner Familie gelang die Flucht in die USA. Vor seiner Ausraubung und Vertreibung durch die Nazis war das Kaufhaus Finkels am „Ottenser Kreuz“ die erste und prominenteste jüdische Adresse in Ottensen. Heute wissen nur noch diejenigen von seiner früheren Existenz, die als Juden schon vor der Schoa in Ottensen lebten, und das unwahrscheinliche Glück hatten, die Schoa zu überleben.
Mit dem Kunsthaus Finkels ist also Finkels ein wenig nach Ottensen zurück gekehrt.
Auch der Gründungstag des Vereins wurde mit Bedacht gewählt: Der 13. Dezember ist der Geburtstag von Heinrich Heine, im Jahr 2008 der 211. Geburtstag. Damit ist ein zweites Thema des Kunsthaus Finkels angeschnitten: Die Tatsache, dass das moderne Europa mit allen seinen Tugenden, auf die wir zurecht Stolz sind, mit geschaffen wurden von europäischen jüdischen, Denkern, Künstlern, Philosophen, Dichtern, Politikern, Publizisten, Ärzten und Wissenschaftlern und das dies nicht nur für die Vergangenheit gilt sondern ebenso für unsere heutige Gegenwart. Und wir könnten hinzufügen: Denkerinnen, Politikerinnen, Dichterinnen, Ärztinnen etc. Jüdisch zu sein, bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur religiös oder Mitglied einer jüdischen Gemeinde zu sein. Jüdisch kann viel mehr sei als das, es ist eine kulturelle Zugehörigkeit, eine Zugehörigkeit zu einer Tradition des Denkens, Schreibens, miteinander Redens.
Das Kunsthaus Finkels, Jüdischer Kulturverein versteht sich als Plattform, um nicht nur miteinander zu reden, sondern allen Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, Veranstaltungen aller Art zu realisieren, bei denen sie ihre Themen darstellen können. Dies können Podiumsdiskussionen genauso sein wie Ausstellungen, Lesungen, Kurse, Aufführungen oder längerfristige Projekte. Verbindendes Ziel dieser Veranstaltung ist die Präsentation des kulturelle Erbe des europäischen Judentums und das Gespräch über die Gegenwart und die Zukunft des europäischen Judentums.
Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im April 2009 wurde beschlossen, dass der
"Europäische Tag der Jüdischen Kultur" aufgrund seiner Konzeption die ideale Veranstaltung darstellt, um die Ziele des Kunsthaus Finkels umzusetzen. Daher wurde dem Vorstand der Auftrag erteilt, den „Europäischen Tag der Jüdischen Kultur“ nach Hamburg zu holen und für Anfang September ein mehrtägiges jüdisches Kulturprogramm in Hamburgs jüdischen Baudenkmälern zu veranstalten.